Pferdehaftpflichtversicherung

Ein eigenes Pferd zu halten, ist für viele Menschen ein Lebenstraum – verbunden mit Freiheit, Naturverbundenheit und Verantwortung. Doch wo Pferde sind, da kann auch schnell etwas passieren. Ein erschrockenes Tier scheut im Gelände, tritt gegen ein Auto, rennt auf eine Straße oder verletzt einen Menschen versehentlich durch einen Biss oder Tritt. Die möglichen Folgen sind schwerwiegend – sowohl gesundheitlich als auch finanziell. Denn als Tierhalter haften Sie in solchen Fällen in voller Höhe mit Ihrem gesamten Privatvermögen, unabhängig davon, ob Sie Schuld tragen oder nicht.

Die Pferdehaftpflichtversicherung schützt genau in solchen Situationen. Sie übernimmt berechtigte Schadenersatzforderungen Dritter und wehrt unberechtigte Ansprüche ab – inklusive Anwalts- und Gerichtskosten. Für Halter von Reit-, Zucht- und Freizeitpferden ist sie deshalb nicht nur sinnvoll, sondern absolut notwendig. In einigen Bundesländern ist sie sogar gesetzlich vorgeschrieben.

In diesem Ratgeber erfahren Sie, wie die Pferdehaftpflichtversicherung funktioniert, welche Schäden sie abdeckt, was sie kostet, welche Fallstricke es gibt – und worauf Sie beim Abschluss achten sollten.


Was ist eine Pferdehaftpflichtversicherung?

Die Pferdehaftpflichtversicherung ist eine spezielle Form der Tierhalterhaftpflicht. Sie deckt Schäden ab, die durch das Verhalten eines privat gehaltenen Pferdes entstehen. Versichert sind dabei nicht nur Sach- und Personenschäden, sondern auch Vermögensschäden, die Dritten durch das Tier zugefügt werden.

Rechtlich basiert diese Versicherung auf dem § 833 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch), der die Tierhalterhaftung regelt. Dort heißt es sinngemäß: Der Halter eines Tieres haftet für alle Schäden, die sein Tier verursacht – auch dann, wenn ihn kein eigenes Verschulden trifft. Diese sogenannte „Gefährdungshaftung“ ist verschuldensunabhängig – was bedeutet: Es reicht aus, dass das Tier den Schaden verursacht hat, um haftbar zu sein.

Im Unterschied zur Privathaftpflichtversicherung, die in der Regel nur zahme Haustiere (z. B. Katzen, Kaninchen, Wellensittiche) abdeckt, sind Pferde und Hunde stets separat zu versichern. Ohne eine entsprechende Pferdehaftpflicht haften Sie im Ernstfall mit Ihrem gesamten Einkommen, Vermögen oder sogar Erbe – schlimmstenfalls lebenslang.


Warum ist die Pferdehaftpflichtversicherung so wichtig?

Ein Pferd ist ein Fluchttier mit enormer Kraft. Es reagiert oft instinktiv und unvorhersehbar – auch wenn es gut ausgebildet und erfahren ist. Unfälle lassen sich daher trotz aller Sorgfalt nicht ausschließen. Die möglichen Schadenhöhen sind enorm – vor allem, wenn Personen verletzt werden.

Beispiele aus der Praxis:

  • Ein Reitpferd erschrickt im Gelände und wirft seinen Reiter ab. Der Reiter erleidet ein schweres Schädel-Hirn-Trauma und ist dauerhaft pflegebedürftig. Die Schadensersatzforderung beläuft sich auf über 1 Million Euro.
  • Ein Pferd reißt sich auf dem Hof los, tritt gegen ein parkendes Auto und verursacht einen Totalschaden. Die Kfz-Versicherung des Geschädigten fordert Ersatz.
  • Bei einer Reitstunde auf einem privaten Reitplatz gerät das Pferd außer Kontrolle und verletzt ein Kind schwer. Die Eltern verlangen Schmerzensgeld und Schadensersatz.
  • Während einer Vereinsveranstaltung reißt sich das Pferd los und rennt über einen öffentlichen Weg, auf dem ein Radfahrer stürzt und sich mehrere Knochenbrüche zuzieht.

In all diesen Fällen haftet der Halter – selbst wenn er keine Sorgfaltspflicht verletzt hat. Eine Pferdehaftpflichtversicherung übernimmt in solchen Fällen nicht nur die Kosten, sondern bietet auch rechtlichen Schutz, falls über die Schuldfrage gestritten wird.

Wichtig: Die Versicherung schützt nicht nur im Stall, sondern auch auf Ausritten, Veranstaltungen, Lehrgängen oder Turnieren – je nach Tarif auch bei gelegentlicher Reitbeteiligung oder Fremdreiternutzung.


Wer braucht eine Pferdehaftpflichtversicherung?

Die Antwort ist einfach: Jede Person, die ein Pferd hält. Das gilt unabhängig davon, ob es sich um ein Reit-, Freizeit-, Zucht- oder Therapiepferd handelt. Auch Besitzer von Gnadenbrotpferden, nicht gerittenen Jungpferden oder Shetlandponys sollten versichert sein – denn auch kleine Pferde können großen Schaden anrichten.

Die Versicherung ist besonders wichtig für:

  • Privatpersonen, die ein eigenes Reitpferd oder Pony halten
  • Eltern, deren Kinder ein Pflege- oder Reitbeteiligungspferd reiten
  • Pferdehalter mit Reitbeteiligung oder Fremdreitern
  • Therapieeinrichtungen, die Pferde im Umgang mit Patienten einsetzen
  • Besitzer von Gnadenbrotpferden – auch nicht gerittene Tiere verursachen Schäden
  • Züchter, die Deckhengste oder tragende Stuten halten (teilweise spezielle Tarife erforderlich)

Hinweis: Auch wer ein Pflegepferd oder eine Reitbeteiligung hat, sollte klären, ob er selbst eine Pferdehaftpflicht benötigt – oder ob der Halter eine Police mit ausreichendem Schutz für Mitreiter abgeschlossen hat.


Welche Schäden sind durch die Pferdehaftpflichtversicherung abgedeckt?

Die Pferdehaftpflichtversicherung schützt den Halter vor finanziellen Forderungen Dritter, wenn das versicherte Pferd einen Schaden verursacht. Dabei unterscheidet man zwischen Personen-, Sach- und Vermögensschäden.

1. Personenschäden

Hierunter fallen alle Schäden, bei denen ein Mensch durch das Pferd verletzt oder gesundheitlich beeinträchtigt wird. Das können kleinere Verletzungen wie Prellungen oder Bisswunden sein – aber auch schwere Unfälle mit langfristigen Folgen wie Knochenbrüche, dauerhafte Behinderungen oder Pflegebedürftigkeit.

Die Versicherung übernimmt in solchen Fällen:

  • Heilbehandlungskosten
  • Verdienstausfall und Schmerzensgeld
  • Rehabilitations- und Pflegekosten
  • lebenslange Renten- oder Versorgungsausgleichszahlungen
  • Rechtskosten im Streitfall

2. Sachschäden

Sachschäden entstehen, wenn das Pferd fremdes Eigentum beschädigt – zum Beispiel:

  • zerkratzte oder eingetretene Autos
  • zerstörte Zäune, Tore, Stallanlagen oder Werkzeuge
  • beschädigte Fahrräder, Kleidung oder Handys
  • umgestoßene Gegenstände bei Hofbesichtigungen oder Reitunterricht

Auch Schäden, die auf Transportwegen oder bei Ausritten entstehen, sind mitversichert – sofern sie nicht vorsätzlich herbeigeführt wurden.

3. Vermögensschäden

Diese Schäden sind seltener, aber durchaus möglich. Sie entstehen, wenn durch das Verhalten des Pferdes jemand finanzielle Nachteile erleidet, ohne dass eine Person verletzt oder ein Gegenstand beschädigt wurde.

Beispiele:

  • Ein Pferd scheut bei einem Turnier, rennt durch das Parcoursgelände und zwingt andere Teilnehmer zum Abbruch – mit Schadenersatzforderungen wegen verpasster Wertung.
  • Ein Bauunternehmen muss seine Arbeiten einstellen, weil ein entlaufenes Pferd ein gesperrtes Baufeld betritt.

Was ist nicht versichert? – Ausschlüsse im Überblick

Trotz des umfangreichen Schutzes gibt es bestimmte Situationen, in denen die Pferdehaftpflichtversicherung nicht leistet. Dazu zählen unter anderem:

Vorsätzliche Schäden

Wenn der Halter oder eine von ihm beauftragte Person vorsätzlich einen Schaden herbeiführt – etwa durch fahrlässiges Öffnen einer Box oder absichtliches Hetzen des Pferdes –, besteht kein Versicherungsschutz. Gleiches gilt bei grob fahrlässigem Verhalten, je nach Tarif.

Eigenschäden

Die Versicherung zahlt nicht, wenn der Halter selbst geschädigt wird – also z. B. vom eigenen Pferd getreten oder gebissen wird. Auch Schäden am eigenen Eigentum (Auto, Kleidung, Stall) sind ausgeschlossen.

Gewerbliche Nutzung

Wird das Pferd gewerblich genutzt – etwa für Reitschulbetrieb, Verleih oder gegen Entgelt für Therapie – ist dies nicht automatisch mitversichert. Hierfür gibt es separate gewerbliche Tierhalterhaftpflichtversicherungen oder spezielle Erweiterungen.

Unangegebene Risiken

Reitbeteiligungen, das Führen durch fremde Personen, der Einsatz auf Veranstaltungen oder im Ausland müssen oft explizit vereinbart sein. Fehlen solche Angaben, kann die Leistung im Ernstfall verweigert werden.

Tiertransporte

Nicht jeder Tarif deckt Schäden beim Verladen oder Transport des Pferdes mit ab – insbesondere, wenn es zu Unfällen mit Anhängern oder Fahrzeugen kommt. Diese Risiken können aber als Zusatzbaustein versichert werden.


Was kostet eine Pferdehaftpflichtversicherung?

Die Kosten einer Pferdehaftpflichtversicherung hängen ab von:

  • gewähltem Tarif (Basis, Komfort, Premium)
  • Versicherungssumme (Deckung)
  • Anzahl versicherter Pferde
  • Einschluss von Zusatzleistungen (z. B. Fremdreiter, Auslandsdeckung)
  • Höhe der Selbstbeteiligung

Typische Beitragsspanne (jährlich):

  • Basistarif: ab ca. 60–90 Euro
  • Standardtarif mit Fremdreiterschutz & Auslandsdeckung: ca. 100–150 Euro
  • Premiumtarif mit hoher Deckungssumme & Zusatzbausteinen: ca. 150–250 Euro

Paketlösungen für mehrere Pferde oder Reitvereine können zusätzlich rabattiert sein.


Welche Deckungssumme ist sinnvoll?

Eine der wichtigsten Fragen beim Abschluss ist: Wie hoch sollte die Versicherungssumme sein? Die gesetzlich empfohlene Mindestsumme liegt bei 3 Millionen Euro, Verbraucherschützer raten jedoch zu mindestens 5 bis 10 Millionen Euro – vor allem, wenn das Pferd im Straßenverkehr, auf Veranstaltungen oder im Schulbetrieb eingesetzt wird.

Bedenken Sie: Schmerzensgeld, lebenslange Rentenzahlungen oder dauerhafte Pflegekosten können in Deutschland schnell siebenstellige Summen erreichen. Eine zu niedrige Deckungssumme kann im Extremfall dazu führen, dass der Halter für den Rest selbst aufkommen muss.

Welche Zusatzleistungen und Erweiterungen sind sinnvoll?

Neben dem Basisschutz bieten viele Versicherer zusätzliche Module an, die den Leistungsumfang erweitern. Diese Bausteine sind besonders dann sinnvoll, wenn das Pferd regelmäßig im Straßenverkehr, mit Fremdreitern, bei Veranstaltungen oder im Ausland eingesetzt wird.

Fremdreiterschutz

Diese Option ist besonders wichtig, wenn auch andere Personen das Pferd führen oder reiten – zum Beispiel eine Reitbeteiligung, ein Freund, Nachbar oder gelegentlicher Helfer im Stall. Der Fremdreiterschutz erweitert die Police so, dass auch Schäden, die durch nicht gewerbsmäßige Dritte im Umgang mit dem Pferd entstehen, mitversichert sind.

👉 Wichtig: Gewerbliche Nutzung – etwa Reitunterricht gegen Bezahlung – ist damit nicht automatisch eingeschlossen!

Reitbeteiligung und Pflegebeteiligung

Viele Versicherer bieten die Möglichkeit, namentlich benannte Reitbeteiligungen kostenlos oder gegen geringen Aufpreis mitzuversichern. Diese Personen sind dann nicht nur geschützt, wenn sie selbst geschädigt werden – sondern auch dann, wenn sie mit dem Pferd Dritten Schaden zufügen.

Teilnahme an Reitturnieren oder Lehrgängen

Wer mit seinem Pferd an Veranstaltungen teilnimmt, sollte darauf achten, dass Turniere, Wanderritte, Kurse oder Vorführungen explizit im Vertrag eingeschlossen sind. Einige Basistarife decken diese Einsätze nicht oder nur eingeschränkt ab.

Auslandsdeckung

Planen Sie Urlaube, Kurse oder Aufenthalte mit dem Pferd im Ausland (z. B. Österreich, Niederlande, Dänemark), sollte die Police auch dort gelten. Gute Tarife bieten eine EU-weite oder weltweite Deckung, manchmal mit zeitlicher Begrenzung (z. B. 12 Monate).

Flurschäden & Weideschäden

Trampelt ein Pferd einen frisch eingesäten Acker nieder oder beschädigt bei Weidegang fremdes Gelände, kann auch das teuer werden. Die Absicherung von Flurschäden oder Schäden an fremden Grundstücken ist bei guten Tarifen enthalten oder hinzufügbar.

Transport- und Verladeunfälle

Manche Tarife sichern Schäden ab, die beim Verladen oder Transportieren des Pferdes entstehen – zum Beispiel wenn das Pferd das Fahrzeug beschädigt oder im Anhänger panisch wird und einen Unfall verursacht.


Häufige Fehler beim Abschluss – und wie Sie sie vermeiden

Auch wenn eine Pferdehaftpflichtversicherung grundsätzlich unkompliziert ist, treten in der Praxis immer wieder kritische Fehler auf, die im Ernstfall teuer werden können.

Fehler 1: Zu geringe Deckungssumme

Die gesetzlich zulässige Mindestdeckung von 3 Millionen Euro reicht im Fall von Personenschäden oft nicht aus. Besser sind 5, 10 oder sogar 15 Millionen Euro – insbesondere wenn Sie regelmäßig mit dem Pferd im Straßenverkehr oder bei Veranstaltungen unterwegs sind.

Fehler 2: Fehlender Fremdreiterschutz

Wird das Pferd von einer Reitbeteiligung oder Freunden genutzt und ist dieser Aspekt nicht abgesichert, kann die Versicherung die Leistung verweigern – mit schwerwiegenden Konsequenzen.

Fehler 3: Gewerbliche Nutzung nicht angegeben

Wer das Pferd für Reitunterricht, Therapien, Fotoshootings oder andere gewerbliche Zwecke nutzt, muss dies zwingend melden. Standardtarife decken nur private Nutzung ab.

Fehler 4: Unklare Vertragsbedingungen

Viele Versicherte kennen ihre Police nicht im Detail. Prüfen Sie daher regelmäßig:

  • Gilt die Police auch bei Veranstaltungen oder Turnieren?
  • Sind Schäden beim Verladen oder Transport versichert?
  • Besteht weltweiter Schutz?
  • Wie viele Pferde sind versichert?

Fehler 5: Vergessen, Änderungen zu melden

Wechsel der Haltung (z. B. von Offenstall in Reitstall), neue Reitbeteiligung oder Turnierteilnahme? Melden Sie Änderungen sofort, damit der Versicherungsschutz angepasst wird.


FAQ zur Pferdehaftpflichtversicherung

Gilt die Versicherung auch, wenn mein Pferd ausbricht und auf die Straße läuft?
Ja. Solche Schäden – etwa an Fahrzeugen oder durch Folgeunfälle – sind typische Versicherungsfälle. Die Haftpflicht greift, solange kein grobes Verschulden (z. B. defekter Zaun über längeren Zeitraum) vorliegt.

Sind meine Kinder mitversichert, wenn sie mein Pferd reiten?
In der Regel ja, sofern sie minderjährig sind und das Pferd privat genutzt wird. Für erwachsene Kinder oder Freunde muss ggf. eine Reitbeteiligung oder Fremdreiterschutz eingeschlossen sein.

Wie viele Pferde sind im Vertrag enthalten?
Standardmäßig wird pro Pferd ein Vertrag abgeschlossen. Einige Anbieter bieten aber Kombitarife oder Rabatte für Mehrpferdehalter.

Muss ich die Versicherung dem Stallbetreiber nachweisen?
In vielen Reitställen ist der Nachweis einer gültigen Pferdehaftpflicht Voraussetzung für die Boxenmiete. Einige Bundesländer (z. B. Berlin, Thüringen, Schleswig-Holstein) schreiben die Versicherung sogar gesetzlich vor.

Zahlt die Versicherung auch bei Schäden durch ein gestohlenes oder entlaufenes Pferd?
Ja – solange Sie als Halter gelten und das Tier offiziell auf Sie registriert ist, haftet die Versicherung auch dann, wenn das Pferd z. B. gestohlen wurde und in fremder Obhut Schaden verursacht.


Fazit: Für wen lohnt sich die Pferdehaftpflichtversicherung – und warum?

Die Pferdehaftpflichtversicherung ist kein optionaler Luxus, sondern eine notwendige Absicherung für jeden Pferdehalter. Pferde sind große, starke Tiere mit unberechenbarem Verhalten – und auch das bestausgebildete Pferd kann durch Scheuen, Ausschlagen oder Ausbrechen Dritte schwer verletzen oder erheblichen Schaden verursachen.

Die Haftung des Halters ist gesetzlich geregelt und verschuldensunabhängig – das bedeutet: Sie haften auch dann, wenn Sie alles richtig gemacht haben. Ohne Versicherung können selbst kleinere Unfälle zur finanziellen Katastrophe führen – von Personenschäden ganz zu schweigen.

Wer ein eigenes Pferd besitzt oder regelmäßig Verantwortung für ein Tier übernimmt, sollte daher unbedingt auf einen umfassenden Versicherungsschutz achten. Wählen Sie einen Tarif mit ausreichender Deckungssumme, sinnvollen Zusatzbausteinen (z. B. Fremdreiterschutz) und seriösem Versicherer – so sind Sie im Ernstfall auf der sicheren Seite.