Betriebliche Altersvorsorge

Die gesetzliche Rente reicht immer seltener aus, um den Lebensstandard im Alter zu sichern. Durch demografischen Wandel, sinkende Rentenniveaus und steigende Lebenserwartung wird die sogenannte Rentenlücke für viele Menschen zur Realität. Eine ergänzende Altersvorsorge ist deshalb unerlässlich – und genau hier setzt die betriebliche Altersvorsorge (bAV) an.

Die bAV ist ein gesetzlich geregeltes Instrument, das Arbeitnehmern die Möglichkeit bietet, Teile ihres Bruttogehalts steuer- und sozialabgabenfrei in eine Zusatzrente umzuwandeln. Gleichzeitig profitieren auch Arbeitgeber, etwa durch verbesserte Mitarbeiterbindung oder steuerliche Anreize.

In diesem Ratgeber erfährst du alles Wichtige rund um die betriebliche Altersvorsorge: Was sie ist, wie sie funktioniert, welche Modelle es gibt, welche Förderungen möglich sind und wie du als Arbeitnehmer oder Arbeitgeber das Beste herausholst.


Was ist die betriebliche Altersvorsorge?

Die betriebliche Altersvorsorge (bAV) ist eine vom Arbeitgeber organisierte Zusatzrente, die zusätzlich zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt wird. Sie ist in Deutschland gesetzlich verankert (§ 1a Betriebsrentengesetz) und kann auf unterschiedliche Weise umgesetzt werden – über Versicherungen, Direktzusagen, Pensionskassen oder andere Einrichtungen.


Ziel der bAV:

  • finanzielle Absicherung im Alter
  • Schließen der Rentenlücke
  • steuerliche Entlastung im Erwerbsleben
  • oft bessere Konditionen als bei privater Vorsorge

Rechtsanspruch auf Entgeltumwandlung

Seit 2002 haben Arbeitnehmer in Deutschland einen gesetzlichen Anspruch auf Entgeltumwandlung. Das bedeutet: Jeder Beschäftigte darf verlangen, dass ein Teil seines Bruttogehalts in eine bAV fließt – und der Arbeitgeber muss dies ermöglichen.


Vorteile der bAV für Arbeitnehmer

Die bAV bietet viele Vorteile – insbesondere für abhängig Beschäftigte mit regelmäßigem Einkommen:


✅ Steuer- und sozialabgabenfreie Beiträge

Arbeitnehmer können bis zu 4 % der Beitragsbemessungsgrenze (BBG) der gesetzlichen Rentenversicherung steuer- und sozialabgabenfrei in eine bAV einzahlen. Zusätzlich sind weitere 4 % steuerfrei möglich (Stand 2025).

→ Das bedeutet: Ein Bruttogehalt wird reduziert, aber Netto bleibt der Unterschied gering – weil weniger Steuern und Abgaben fällig werden.


✅ Zusatzrente im Ruhestand

Die bAV bringt eine lebenslange, monatliche Rentenzahlung im Alter – oft ergänzt durch Kapitalwahlrecht (einmalige Auszahlung möglich).


✅ Unabhängig von der gesetzlichen Rente

Die Auszahlung erfolgt zusätzlich zur gesetzlichen Rente – egal, wie sich das Rentenniveau entwickelt.


✅ Insolvenzschutz

Beiträge zur bAV sind meist durch den Pensions-Sicherungs-Verein (PSVaG) oder vergleichbare Sicherungssysteme geschützt.


Vorteile für Arbeitgeber

Auch für Arbeitgeber ist die bAV ein wichtiges Instrument – nicht nur zur Mitarbeiterbindung, sondern auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht:


✅ Mitarbeiterbindung und Arbeitgeberattraktivität

Eine arbeitgeberfinanzierte oder bezuschusste bAV wird von Arbeitnehmern als wertvolle Zusatzleistung wahrgenommen – besonders in Zeiten von Fachkräftemangel.


✅ Sozialversicherungsersparnis

Bei Entgeltumwandlung spart der Arbeitgeber Sozialabgaben – diese können (teilweise) als Zuschuss an den Arbeitnehmer weitergegeben werden (seit 2022 gesetzlich vorgeschrieben).


✅ Fördermöglichkeiten nutzen

Besonders kleine und mittlere Unternehmen profitieren von staatlicher Förderung, etwa über den bAV-Förderbetrag (§ 100 EStG) bei Niedriglohn.


Die fünf Durchführungswege der betrieblichen Altersvorsorge

Die bAV kann auf fünf verschiedenen Wegen organisiert werden. Jeder Durchführungsweg hat eigene rechtliche, steuerliche und praktische Eigenschaften – sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber.


1. Direktversicherung

Die Direktversicherung ist der am weitesten verbreitete Durchführungsweg. Hier schließt der Arbeitgeber eine Lebensversicherung zugunsten des Arbeitnehmers ab – meist als Renten- oder Kapitalversicherung.

Merkmale:

  • Vertrag zwischen Arbeitgeber und Versicherer
  • Beiträge werden über Entgeltumwandlung oder Arbeitgeberzuschüsse finanziert
  • bei Renteneintritt wird eine monatliche Rente oder Einmalzahlung geleistet
  • einfache Verwaltung, klare Regelungen

Vorteile:

  • steuer- und sozialabgabenfreie Einzahlung bis zu gesetzlicher Höchstgrenze
  • Mitnahme bei Arbeitgeberwechsel (Portabilität)
  • geeignet für kleine und mittlere Unternehmen

Nachteile:

  • begrenzte Beitragsfreiheit
  • Leistungen sind in der Auszahlungsphase steuer- und ggf. auch beitragspflichtig zur Krankenversicherung

2. Pensionskasse

Die Pensionskasse ist eine rechtlich selbstständige Versorgungseinrichtung, meist von einem oder mehreren Arbeitgebern getragen. Sie funktioniert ähnlich wie eine Versicherung, unterliegt aber besonderen Auflagen.

Merkmale:

  • Einzahlung durch Arbeitgeber oder Entgeltumwandlung
  • festgelegte Renten- oder Kapitalleistung
  • gesetzlich reguliert, unterliegt der BaFin

Vorteile:

  • lebenslange Rentenleistung
  • solide, langfristige Ausrichtung
  • übertragbar bei Arbeitgeberwechsel

Nachteile:

  • geringe Flexibilität bei Kapitalauszahlung
  • eingeschränkte Einflussmöglichkeiten des Arbeitnehmers

3. Pensionsfonds

Der Pensionsfonds ist ein moderner, kapitalmarktorientierter Durchführungsweg mit höherer Renditechance – aber auch höherem Risiko.

Merkmale:

  • Anlage am Kapitalmarkt möglich
  • flexibel in der Ausgestaltung
  • leistungsorientiert oder beitragsorientiert möglich

Vorteile:

  • höhere Renditechancen
  • flexiblere Kapitalanlage
  • auch Einmalzahlungen möglich

Nachteile:

  • Wertschwankungen möglich
  • weniger verbreitet, komplexer als Direktversicherung

4. Unterstützungskasse

Die Unterstützungskasse ist eine eigenständige Versorgungseinrichtung, bei der der Arbeitgeber Rückstellungen bildet, ohne dass der Arbeitnehmer einen direkten Anspruch auf bestimmte Vermögenswerte hat.

Merkmale:

  • vor allem für höhere Einkommen geeignet
  • keine steuerliche Obergrenze bei Einzahlung
  • Leistung erfolgt bei Renteneintritt oder Invalidität

Vorteile:

  • hohe steuerfreie Beiträge möglich
  • attraktiv für Führungskräfte oder Gesellschafter-Geschäftsführer
  • langfristige Liquiditätsvorteile für den Arbeitgeber

Nachteile:

  • keine Insolvenzabsicherung durch PSVaG
  • komplexe Abwicklung und Verwaltung

5. Direktzusage (Pensionszusage)

Hier sagt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer direkt eine zukünftige Versorgungsleistung zu – meist in Form einer Betriebsrente.

Merkmale:

  • Arbeitgeber bildet Rückstellungen in der Bilanz
  • Leistung erfolgt aus Unternehmensmitteln
  • Absicherung über Pensions-Sicherungs-Verein (PSVaG) verpflichtend

Vorteile:

  • steuerlich interessante Rückstellungen für Arbeitgeber
  • individuell gestaltbar
  • hohe Leistungen möglich

Nachteile:

  • hoher Verwaltungsaufwand
  • Bilanzbelastung für das Unternehmen
  • nicht für kleine Betriebe geeignet

Steuerliche Behandlung der bAV

Die steuerliche Behandlung unterscheidet sich zwischen der Ansparphase (Einzahlungszeit) und der Auszahlungsphase (Renteneintritt).


In der Ansparphase:

  • Beiträge bis 8 % der BBG (Beitragsbemessungsgrenze) sind steuerfrei
  • bis 4 % der BBG auch sozialversicherungsfrei (2025: ca. 3.624 €/Jahr)
  • Beiträge mindern das Bruttoeinkommen ⇒ geringere Steuer- und SV-Belastung

Beispiel:
Bei 200 € monatlicher Entgeltumwandlung sinkt der Nettoaufwand oft nur um 100–120 €


In der Auszahlungsphase:

  • Rentenleistungen aus der bAV sind voll steuerpflichtig (nachgelagerte Besteuerung)
  • gesetzlich Krankenversicherte müssen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zahlen
  • bei Einmalauszahlungen gelten besondere steuerliche Regelungen (z. B. 1/5-Regelung)

Arbeitnehmer- vs. Arbeitgeberfinanzierte bAV

Die Finanzierung der betrieblichen Altersvorsorge kann auf unterschiedliche Weise erfolgen – mit spürbaren Auswirkungen auf Rentenhöhe, steuerliche Vorteile und Arbeitnehmerrechte.


Arbeitnehmerfinanzierte bAV (Entgeltumwandlung)

Hier wandelt der Arbeitnehmer einen Teil seines Bruttogehalts in Beiträge zur Altersvorsorge um.

Vorteile:

  • gesetzlicher Anspruch seit 2002
  • steuer- und sozialabgabenfreie Beiträge (bis 4 % BBG)
  • niedriger Nettoaufwand durch Steuerersparnis
  • Aufbau einer eigenen Zusatzrente

Pflicht des Arbeitgebers seit 2022:
Er muss mindestens 15 % Zuschuss leisten, wenn er Sozialversicherungsbeiträge spart.


Arbeitgeberfinanzierte bAV

Der Arbeitgeber zahlt die Beiträge komplett freiwillig oder tarifvertraglich geregelt – ohne Gehaltsverzicht des Mitarbeiters.

Vorteile für Arbeitnehmer:

  • zusätzliche Versorgung ohne eigenen Aufwand
  • Bindung ans Unternehmen erhöht sich nicht negativ

Vorteile für Arbeitgeber:

  • Steuerliche Abzugsfähigkeit der Beiträge
  • positive Wirkung auf Mitarbeiterbindung & Arbeitgebermarke

Was passiert bei Arbeitgeberwechsel?

Die Portabilität (Übertragbarkeit) der bAV ist gesetzlich geregelt (§ 4 BetrAVG).

Möglichkeiten:

  1. Übernahme durch neuen Arbeitgeber (sofern gleiches Durchführungsmodell)
  2. Fortführung als beitragsfreie Anwartschaft
  3. Private Weiterzahlung durch Arbeitnehmer
  4. Übertragung auf neuen Vertrag / Anbieter (je nach Tarif möglich)

Tipp: Rechtzeitig klären, ob der neue Arbeitgeber die bAV übernehmen kann oder ein neues Modell anbieten muss.


bAV bei Kündigung, Arbeitslosigkeit oder Elternzeit

Kündigung:

  • Der Vertrag bleibt bestehen, aber wird beitragsfrei gestellt
  • Bei bestimmten Modellen kann der Arbeitnehmer freiwillig weiter einzahlen
  • Eine Auszahlung ist vor Rentenbeginn nur in Ausnahmen möglich

Arbeitslosigkeit:

  • Beitragspflicht ruht während ALG-I-Bezugs
  • Keine Anrechnung auf Arbeitslosengeld
  • keine Kündigung des Vertrags erforderlich

Elternzeit:

  • Beiträge ruhen während der Elternzeit
  • Nach Rückkehr kann die Entgeltumwandlung fortgesetzt werden
  • Versorgungslücken entstehen, sofern nicht privat weiter eingezahlt wird

Auszahlung im Rentenalter

Zum vereinbarten Rentenbeginn erhält der Arbeitnehmer entweder:

  • eine lebenslange monatliche Rente
  • oder eine Einmalzahlung (je nach Tarif)

Besteuerung:

  • nachgelagerte Besteuerung: Rentenzahlungen unterliegen der Einkommensteuer
  • zusätzlich: Kranken- und Pflegeversicherungspflicht für gesetzlich Versicherte (bei GKV-Rentnern)

Tipp: Ein steuerlicher Vergleich zwischen Rente und Einmalzahlung lohnt sich.


Häufige Fehler bei der bAV – und wie du sie vermeidest

Nur auf hohe Rendite achten
Die bAV ist langfristig und sicherheitsorientiert – Kapitalgarantie und Seriosität sind wichtiger als maximale Zinsen.

Vertrag nie prüfen oder anpassen
Lebensumstände ändern sich. Dynamiken, Nachversicherung oder Arbeitgeberwechsel sollten regelmäßig angepasst werden.

Verzicht auf Arbeitgeberzuschuss
Bei Entgeltumwandlung mindestens 15 % Zuschuss fordern – das ist seit 2022 gesetzlich verpflichtend.

Unklare Regelungen bei Wechsel oder Kündigung
Lass dir von Anfang an genau erklären, was mit deinem Vertrag bei Austritt passiert – vor allem bei Unterstützungskasse oder Direktzusage.

Vertragsunterlagen nicht aufbewahren
Sichere alle Unterlagen gut – gerade bei alten Verträgen oder wechselnden Arbeitgebern wichtig für spätere Rentenzahlungen.


Häufige Fragen zur betrieblichen Altersvorsorge (FAQ)

Wie viel kann ich steuerfrei in die bAV einzahlen?
2025 sind bis zu 8 % der Beitragsbemessungsgrenze (BBG) steuerfrei (West: 7.450 €/Jahr). Davon sind 4 % (3.624 €) zusätzlich sozialabgabenfrei.


Was passiert mit meiner bAV, wenn ich den Arbeitgeber wechsle?
Du kannst den Vertrag mitnehmen, beitragsfrei stellen oder beim neuen Arbeitgeber übertragen oder fortführen lassen. Entscheidend ist, welcher Durchführungsweg gewählt wurde.


Muss der Arbeitgeber zur bAV etwas dazuzahlen?
Ja – bei Entgeltumwandlung ist seit 2022 ein Zuschuss von 15 % verpflichtend, wenn der Arbeitgeber Sozialversicherungsbeiträge spart.
Bei rein arbeitgeberfinanzierter bAV ist der Zuschuss freiwillig oder tarifvertraglich geregelt.


Wird meine bAV im Alter versteuert?
Ja. Die Auszahlung erfolgt nachgelagert steuerpflichtig. Gesetzlich Versicherte zahlen auch Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge auf die Rente.


Gibt es eine Kapitalauszahlung statt Rente?
In vielen Fällen ja – je nach Tarif. Einige Modelle ermöglichen auch Teilkapitalauszahlungen kombiniert mit einer Rente.


Tipps zur Auswahl der passenden bAV-Lösung

Frühzeitig beginnen: Je früher du einzahlst, desto größer der Zinseszinseffekt und desto niedriger dein Eigenaufwand.
Zuschuss einfordern: Der Arbeitgeber ist bei Entgeltumwandlung zur Beteiligung verpflichtet.
Tarif prüfen: Achte auf transparente Kosten, solide Garantiekomponenten und flexible Optionen (Dynamik, Rentenbeginn, Kapitalwahl).
Beratung einholen: Sprich mit einem unabhängigen Finanzberater oder bAV-Experten, um Durchführungswege und Steuervorteile optimal zu nutzen.
Nachweise sichern: Halte alle Vertragsunterlagen, Umwandlungsvereinbarungen und jährlichen Mitteilungen gut organisiert.


Praxisbeispiel: Nettoaufwand und Rentenwirkung

Ein 35-jähriger Angestellter mit 3.500 € Bruttogehalt wandelt monatlich 150 € in eine Direktversicherung um. Der Arbeitgeber bezuschusst mit 15 %.

Auswirkung:

  • Bruttoumwandlung: 150 €
  • Arbeitgeberzuschuss: 22,50 €
  • Effektiver Nettoaufwand: ca. 80–90 €/Monat
  • Erwartete Zusatzrente: ca. 300–400 € monatlich (ab 67)

Ergebnis: Mit überschaubarem Eigenaufwand wird eine solide Zusatzrente aufgebaut – steuerlich gefördert und betrieblich verwaltet.


Fazit: Warum sich die betriebliche Altersvorsorge lohnt

Die gesetzliche Rente reicht oft nicht aus, um im Alter den gewohnten Lebensstandard zu halten. Die betriebliche Altersvorsorge bietet eine gesetzlich geregelte, steuerlich geförderte Möglichkeit, um diese Lücke zu schließen – effizient, planbar und sicher.

Egal ob durch Entgeltumwandlung oder Arbeitgeberfinanzierung: Wer die bAV nutzt, profitiert doppelt – im Erwerbsleben durch Steuer- und Abgabenvorteile, im Ruhestand durch eine lebenslange Zusatzrente.

Für Arbeitnehmer bedeutet das: Mehr Netto vom Brutto. Für Arbeitgeber: ein Plus an Mitarbeiterbindung und Wettbewerbsfähigkeit.

Daher gilt: Die betriebliche Altersvorsorge ist kein Luxus – sie ist ein unverzichtbarer Baustein moderner Ruhestandsplanung.