Aussperrung

In der Arbeitswelt ist der Begriff „Streik“ weit verbreitet – weniger bekannt, aber ebenso machtvoll ist sein Gegenstück: die Aussperrung. Sie ist ein Arbeitskampfmittel der Arbeitgeber, mit dem Arbeitnehmer von der Arbeit ausgeschlossen werden, um Tarifverhandlungen zu beeinflussen. Die Folgen sind gravierend: kein Lohn, keine Beschäftigung – und oft juristische Auseinandersetzungen.

Doch was genau ist eine Aussperrung? Wann ist sie zulässig? Und welche Rolle spielt sie im Arbeitsrecht und im Versicherungsschutz?

In diesem Beitrag erfährst du alles zur Aussperrung – mit rechtlichem Hintergrund, Beispielen, versicherungsrechtlichen Aspekten und arbeitsrechtlichen Folgen.


Was ist eine Aussperrung?

Die Aussperrung ist eine kollektive Maßnahme eines Arbeitgebers oder Arbeitgeberverbands, bei der Arbeitnehmer vorübergehend vom Arbeitsplatz ausgeschlossen werden – meist im Rahmen eines Tarifkonflikts als Reaktion auf einen Streik oder zur Durchsetzung eigener Forderungen.

📘 Definition: → Arbeitskampfmittel der Arbeitgeberseite, durch das sie den Arbeitnehmern vorübergehend die Beschäftigung und damit den Lohn entziehen

✔ Merkmale:

  • Kollektive Maßnahme, nicht individuell
  • Befristet, nicht dauerhaft
  • Ziel: Druck auf Gewerkschaften in Tarifauseinandersetzungen
  • Abgrenzung zur Kündigung: keine Beendigung, sondern Unterbrechung

💡 Tipp: Die Aussperrung ist in Deutschland grundsätzlich zulässig, aber an enge rechtliche Voraussetzungen gebunden.


Arten der Aussperrung

Abwehraussperrung

→ Reaktion auf einen Streik, meist gegen einzelne Betriebe oder Beschäftigte

Offensivaussperrung

→ Eigenständige Maßnahme zur Durchsetzung von Arbeitgeberforderungen (z. B. Tariföffnungsklauseln)

Totale Aussperrung

→ Alle Arbeitnehmer werden ausgeschlossen – unabhängig von Streikbeteiligung

Partielle Aussperrung

→ Nur bestimmte Gruppen oder Betriebsbereiche betroffen

📘 Beispiel: → In einem Metallbetrieb ruft die Gewerkschaft zum Warnstreik auf – der Arbeitgeber reagiert mit totaler Aussperrung aller Beschäftigten

💡 Tipp: Das Bundesarbeitsgericht unterscheidet klar zwischen verhältnismäßiger und unverhältnismäßiger Aussperrung.


Rechtliche Grundlagen der Aussperrung

Grundgesetz Art. 9 Abs. 3 GG – Koalitionsfreiheit (inkl. Arbeitskampfmittel)
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG)
Keine gesetzliche Regelung wie beim Streik
Verhältnismäßigkeit und Tarifbezug erforderlich
Tarifbindung von Arbeitgeber und Arbeitnehmer sinnvoll, aber nicht zwingend

📘 Besonderheit: → Auch nicht streikende Arbeitnehmer dürfen ausgesperrt werden – wenn es verhältnismäßig ist

💡 Tipp: Missbrauch oder „kalte Aussperrung“ (ohne Arbeitskampfhintergrund) ist rechtswidrig.


Folgen der Aussperrung für Arbeitnehmer

Kein Lohnanspruch während der Aussperrung
Anspruch auf Streikgeld bei Gewerkschaftsmitgliedschaft
Kein Zugang zum Arbeitsplatz, keine Arbeitsleistung möglich
Kündigungsschutz bleibt bestehen
Kranken-, Renten-, Unfall- und Pflegeversicherung bleiben i. d. R. erhalten

📘 Sozialrecht: → Keine Arbeitslosmeldung erforderlich – Aussperrung gilt nicht als Beschäftigungslosigkeit im klassischen Sinn

💡 Tipp: Nur Gewerkschaftsmitglieder erhalten Streikgeld – Nichtmitglieder stehen ohne Einkünfte da.


Versicherungsrechtliche Aspekte

Weiterbestehen der Sozialversicherungspflicht (bis zu einem Monat)
Krankenversicherungsschutz wird aufrechterhalten
Rentenversicherung: beitragsfreie Anrechnungszeit bei Gewerkschaftszugehörigkeit
Unfallversicherung: kein Schutz während Aussperrung bei Nichtbeschäftigung

📘 Praxis: → Wer durch die Aussperrung seinen Versicherungsschutz gefährdet sieht, kann sich freiwillig weiter versichern

💡 Tipp: Bei längeren Aussperrungen unbedingt mit der Krankenkasse oder Rentenversicherung Rücksprache halten.


Häufig gestellte Fragen (FAQs)

Was ist eine Aussperrung?
→ Ein Arbeitskampfmittel der Arbeitgeber, bei dem Arbeitnehmer vom Arbeitsplatz ausgeschlossen werden, um Druck auf Gewerkschaften auszuüben.

Ist die Aussperrung rechtlich erlaubt?
→ Ja – sie ist zulässig, wenn sie verhältnismäßig ist und in einem tariflichen Zusammenhang steht.

Bekomme ich während der Aussperrung Lohn?
→ Nein – es besteht kein Anspruch auf Lohn. Gewerkschaftsmitglieder erhalten Streikgeld.

Wie wirkt sich die Aussperrung auf meine Versicherung aus?
→ Sozialversicherungen bleiben i. d. R. erhalten, aber es können Beitragslücken entstehen – Beratung empfehlenswert.

Kann ich gekündigt werden, wenn ich ausgesperrt bin?
→ Nein – die Aussperrung ist keine Kündigung, sondern eine vorübergehende Maßnahme im Arbeitskampf.


Fazit

Die Aussperrung ist ein kraftvolles, aber auch umstrittenes Mittel im deutschen Arbeitsrecht. Sie zeigt, dass Arbeitskämpfe nicht nur aus Streiks bestehen, sondern auch von der Arbeitgeberseite aktiv gestaltet werden können.

Für betroffene Arbeitnehmer ist sie mit Unsicherheit, finanziellen Verlusten und rechtlichen Fragen verbunden. Wer vorbereitet ist, gewerkschaftlich organisiert und seine Rechte kennt, kann die Aussperrung als Teil eines legitimen Aushandlungsprozesses einordnen – und besser damit umgehen.