Aufbauprovision

Im Vertrieb von Versicherungs- und Finanzprodukten spielen Provisionen eine zentrale Rolle. Dabei fällt häufig der Begriff Aufbauprovision – insbesondere im Zusammenhang mit mehrstufigen Vertriebsorganisationen und Strukturvertrieben. Doch die genaue Bedeutung, Funktionsweise und rechtliche Bewertung sind vielen nicht geläufig.

Was also ist eine Aufbauprovision? Wer bekommt sie? Und warum ist sie in der Branche so umstritten?

In diesem Artikel erfährst du alles Wichtige über die Aufbauprovision, ihre Funktion im Vergütungssystem von Vermittlern, typische Anwendungsszenarien und die Diskussion um Transparenz und Interessenkonflikte.


Was ist eine Aufbauprovision?

Die Aufbauprovision ist eine prozentuale Vergütung, die an Führungskräfte im Versicherungsvertrieb gezahlt wird – zusätzlich zur direkten Abschlussprovision, die dem eigentlichen Vermittler zusteht.

📘 Definition: → Provision, die dem organisatorischen „Aufbau“ und der Betreuung eines Vertriebsteams dient

✔ Merkmale:

  • Wird vom Versicherer an höhere Ebenen im Vertrieb gezahlt
  • Bezieht sich auf Umsätze von untergeordneten Vermittlern
  • Meist prozentual und leistungsabhängig

💡 Tipp: Aufbauprovisionen sind ein typisches Element in mehrstufigen oder hierarchischen Vertriebsstrukturen.


Aufbauprovision vs. Abschlussprovision

VergütungsartAbschlussprovisionAufbauprovision
EmpfängerDirekt beratender VermittlerFührungskraft oder Teamleiter
GrundlageEigener GeschäftsabschlussAbschluss durch untergeordnete Vermittler
ZielMotivation des direkten VerkaufsMotivation zum Teamaufbau und -führung

📘 Beispiel: → Vermittler A verkauft eine Lebensversicherung und erhält die Abschlussprovision. Sein „Betreuer“ B, der ihn eingearbeitet hat, erhält zusätzlich eine Aufbauprovision vom Versicherer.

💡 Tipp: Aufbauprovisionen sollen Führungsverantwortung und Ausbildungsleistung vergüten.


Einsatzbereiche der Aufbauprovision

Strukturvertriebe – z. B. DVAG, Swiss Life Select, tecis
Maklerpools mit Karriereleiter
Network-Marketing-Modelle im Versicherungsbereich
Ausschließlichkeitsorganisationen großer Versicherer mit Gebietshierarchien

📘 Vertriebsstruktur: → In hierarchischen Vertriebsorganisationen baut eine Führungskraft neue Vermittler auf und wird an deren Umsatz beteiligt.

💡 Tipp: Aufbauprovisionen sind besonders verbreitet bei langfristigen Produkten mit hohen Provisionsvolumina, z. B. Lebensversicherungen.


Rechtliche Aspekte und Transparenz

Vergütung muss offengelegt werden (§ 15 VersVermV)
IDD-konform: Aufbauprovisionen dürfen nicht zu Falschberatung führen
Provisionsrichtwert / Deckelung bei Lebensversicherungen seit LVRG (Lebensversicherungsreformgesetz)

📘 BGH-Rechtsprechung: → Aufbauprovisionen sind zulässig, aber unterliegen den gleichen Anforderungen an Transparenz und Kundeninteresse wie andere Vergütungsformen.

💡 Tipp: Kunden sollten bei Beratung nach Provision kritisch nachfragen, ob der Rat auch ohne Provisionsanreiz gegeben worden wäre.


Kritik an Aufbauprovisionen

Interessenkonflikte – Motivation zum Teamaufbau statt zur Kundenberatung
Unübersichtliche Vergütungsstrukturen
Intransparenz gegenüber Kunden
Gefahr von „Pseudokarrieren“ – Vermittler als Vertriebswerkzeug statt Berater

📘 Verbraucherschutz: → Verbraucherschützer fordern klare Kennzeichnung aller Provisionsbestandteile im Beratungsgespräch und auf Abschlussunterlagen.

💡 Tipp: Seriöse Vermittler kommunizieren offen, welche Provisionen an wen fließen – das stärkt Vertrauen.


Vorteile aus Vertriebssicht

Anreiz für Teamaufbau und -betreuung
Belohnung für Ausbildungsleistung
Motivation und Bindung in der Struktur
Erfolgsabhängige Vergütung

📘 Motivation: → Wer andere erfolgreich macht, wird am Erfolg beteiligt – so das Prinzip der Aufbauprovision.

💡 Tipp: In professionellen Strukturen mit klarer Trennung von Beratung und Führung kann die Aufbauprovision sinnvoll und leistungsorientiert wirken.


Häufig gestellte Fragen (FAQs)

Was ist eine Aufbauprovision genau?
→ Eine Provision, die an eine übergeordnete Führungskraft für den Umsatz von untergeordneten Vermittlern gezahlt wird.

Ist die Aufbauprovision rechtlich erlaubt?
→ Ja – sie ist zulässig, muss aber offengelegt und kundeninteressen-konform sein.

Bekomme ich als Kunde davon etwas mit?
→ Normalerweise nicht direkt – aber die Gesamtkostenstruktur kann über die Effektivkostenquote des Produkts abgebildet sein.

Wie erkenne ich seriöse Anbieter trotz Aufbauprovision?
→ Transparente Kommunikation, gute Beratung und klare Abgrenzung zwischen Vertrieb und Kundeninteresse sind entscheidend.

Gibt es Alternativen zur Aufbauprovision?
→ Ja – z. B. Festgehälter im angestellten Außendienst oder Honorarberatung ohne Provisionsanreiz.


Fazit

Die Aufbauprovision ist ein fester Bestandteil vieler Vertriebsmodelle in der Versicherungs- und Finanzwelt. Sie belohnt Führungsaufgaben, Teamaufbau und Nachwuchsförderung – birgt aber auch Herausforderungen in Bezug auf Transparenz und Kundeninteresse.

Entscheidend ist ein verantwortungsvoller Umgang, sowohl durch Vermittler als auch durch Versicherer. Kunden profitieren dann von einer strukturierten Beratung – ohne den Verdacht auf Provisionsgetriebenheit.