Angehörigenpflege

Pflege ist nicht nur eine professionelle Aufgabe – sie ist oft Herzenssache. In Deutschland übernehmen Millionen Menschen die Angehörigenpflege: Sie versorgen Eltern, Partner, Kinder oder Verwandte zu Hause. Doch diese Aufgabe ist fordernd, emotional belastend und mit vielen offenen Fragen verbunden.

Was steht pflegenden Angehörigen zu? Welche gesetzlichen Regelungen gelten? Welche Unterstützung gibt es?

In diesem Beitrag erhältst du einen umfassenden Überblick über das Thema Angehörigenpflege – von Pflegegraden über finanzielle Hilfen bis zu arbeitsrechtlichen Rechten und Entlastungsmöglichkeiten.


Was ist Angehörigenpflege?

Angehörigenpflege bezeichnet die nicht erwerbsmäßige Pflege von Familienmitgliedern oder nahestehenden Personen im häuslichen Umfeld. Meist wird sie von Ehepartnern, Kindern, Geschwistern oder nahen Verwandten übernommen.

📌 Merkmale:

  • Pflege findet zu Hause statt
  • Keine professionelle Pflegekraft
  • Meist keine formale Ausbildung
  • Starke emotionale Bindung

💡 Tipp: Auch Freunde, Nachbarn oder Lebenspartner gelten als „Angehörige“ im weiteren Sinne – sofern sie regelmäßig pflegen.


Rechtsgrundlagen der Angehörigenpflege

📘 Gesetzliche Grundlagen:

  • Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) – Pflegeversicherung
  • Pflegezeitgesetz (PflegeZG)
  • Familienpflegezeitgesetz (FPfZG)
  • SGB V (Krankenversicherung)
  • BGB (Betreuungsrecht)

📌 Ziel: ✔ Anerkennung häuslicher Pflege
✔ Entlastung pflegender Personen
✔ Absicherung sozialer Rechte

💡 Tipp: Pflegepersonen gelten ab 10 Stunden/Woche an 2 Tagen als „pflegend“ im Sinne des Gesetzes – das ist wichtig für Renten- und Unfallversicherung.


Pflegegrade und Pflegebedürftigkeit

Die Höhe der Unterstützung richtet sich nach dem Pflegegrad der zu pflegenden Person:

PflegegradBeschreibungPflegegeld (Stand 2024)
1Geringe Beeinträchtigung
2Erhebliche Beeinträchtigung332 €/Monat
3Schwere Beeinträchtigung573 €/Monat
4Schwerste Beeinträchtigung765 €/Monat
5Besonders schwere Beeinträchtigung947 €/Monat

💡 Tipp: Das Pflegegeld wird an den Pflegebedürftigen ausgezahlt, kann aber an die pflegende Person weitergeleitet werden.


Leistungen für pflegende Angehörige

Pflegegeld
Verhinderungspflege (z. B. bei Krankheit oder Urlaub der Pflegeperson)
Kurzzeitpflege
Pflegehilfsmittel (z. B. Inkontinenzprodukte)
Wohnraumanpassung (z. B. Treppenlift)
Entlastungsbetrag (125 €/Monat)

💡 Tipp: Wer sich umfassend um einen Angehörigen kümmert, kann kostenlose Pflegekurse der Pflegekassen nutzen.


Soziale Absicherung für pflegende Angehörige

📘 Rentenversicherung: ✔ Pflegekasse zahlt Rentenbeiträge für nicht erwerbstätige Pflegepersonen
✔ Voraussetzung: min. 10 Std./Woche, Pflegegrad 2–5, nicht mehr als 30 Std./Woche erwerbstätig

📘 Unfallversicherung: ✔ Pflegepersonen sind bei der Pflege gesetzlich unfallversichert

📘 Arbeitslosenversicherung: ✔ Unter Umständen Weiterzahlung durch Agentur für Arbeit möglich

💡 Tipp: Die Pflegekasse meldet pflegende Angehörige automatisch bei der Rentenversicherung – vorausgesetzt, der Antrag wurde gestellt.


Beruf und Angehörigenpflege – Rechte und Freistellungen

Pflegezeitgesetz

✔ Bis zu 6 Monate vollständige oder teilweise Freistellung
✔ Gilt für Unternehmen ab 15 Beschäftigten
✔ Keine Lohnfortzahlung, aber zinsloses Darlehen möglich


Familienpflegezeit

✔ Teilzeitmodell über bis zu 24 Monate
✔ Mindestarbeitszeit: 15 Std./Woche
✔ Kombination mit Pflegezeit möglich


Akute Freistellung

✔ 10 Arbeitstage zur Organisation der Pflege
✔ Lohnersatz durch Pflegeunterstützungsgeld

💡 Tipp: Frühzeitig mit dem Arbeitgeber sprechen – oft lassen sich individuelle Lösungen finden.


Pflegeberatung und Unterstützung

✔ Pflegekassen bieten kostenlose Beratung
✔ Pflegestützpunkte (lokale Anlaufstellen)
✔ Online-Portale wie „Pflegenavigator“
✔ Pflegeberater/innen nach § 7a SGB XI

💡 Tipp: Pflegeberatung ist rechtlich garantiert – du hast Anspruch auf eine individuelle, neutrale und umfassende Beratung.


Psychische Belastung und Selbstfürsorge

Pflegende Angehörige sind oft emotional, körperlich und finanziell belastet:

✔ Isolation
✔ Überforderung
✔ Burnout-Risiko
✔ Finanzielle Engpässe

📘 Strategien zur Entlastung:

  • Pflegegruppen und Selbsthilfe
  • Psychologische Unterstützung
  • Urlaubspflege (Verhinderungspflege nutzen)
  • Gespräche mit Familie, Freunden, Hausarzt

💡 Tipp: Nur wer sich selbst schützt, kann dauerhaft gut für andere da sein – Selbstfürsorge ist kein Egoismus.


Häufig gestellte Fragen (FAQs)

Wer gilt als pflegender Angehöriger?
→ Personen, die regelmäßig und unentgeltlich Pflegeaufgaben übernehmen – meist Familienmitglieder, aber auch Freunde oder Nachbarn.

Gibt es Geld für Angehörigenpflege?
→ Ja, über das Pflegegeld – je nach Pflegegrad zwischen 332 € und 947 €/Monat (Stand 2024).

Bin ich als pflegender Angehöriger sozialversichert?
→ Ja – Renten- und Unfallversicherung erfolgen über die Pflegekasse, wenn Voraussetzungen erfüllt sind.

Kann ich für die Pflege meines Angehörigen freigestellt werden?
→ Ja – über das Pflegezeitgesetz und die Familienpflegezeit, bei Anspruch auch mit staatlicher Unterstützung.

Was passiert, wenn ich krank werde oder Urlaub brauche?
→ Es gibt die Verhinderungspflege: eine Ersatzpflegekraft wird organisiert und von der Pflegekasse bezahlt.


Fazit

Die Angehörigenpflege ist eine herausfordernde, aber auch erfüllende Aufgabe. Sie verdient nicht nur Respekt, sondern auch rechtliche Absicherung, finanzielle Unterstützung und gesellschaftliche Anerkennung.

Mit dem richtigen Wissen, den passenden Leistungen und einer starken Beratung im Rücken lässt sich diese Aufgabe bewältigen – für mehr Menschlichkeit, Nähe und Würde im Alter und bei Krankheit.