Elementarschadenversicherung

Überschwemmungen, Starkregen, Rückstau, Erdrutsch, Schneedruck oder Erdbeben – Naturgefahren nehmen in Deutschland spürbar zu. Ereignisse wie die Flutkatastrophe im Ahrtal 2021 oder lokale Starkregenfälle mit meterhohen Wasserständen zeigen: Kein Ort ist dauerhaft sicher. Dennoch sind die meisten Wohngebäude in Deutschland nur gegen klassische Gefahren wie Feuer, Sturm und Leitungswasser versichert. Schäden durch Naturgewalten bleiben oft unversichert – mit dramatischen finanziellen Folgen.

Genau hier greift die Elementarschadenversicherung. Sie ist kein eigenständiger Vertrag, sondern ein ergänzender Baustein zur Wohngebäude- oder Hausratversicherung, der gezielt Schäden durch bestimmte Naturereignisse abdeckt. Ob Sie Eigentümer eines Hauses oder Mieter einer Wohnung mit wertvollem Hausrat sind – dieser Schutz kann im Ernstfall über wirtschaftliche Existenz oder Ruin entscheiden.

In diesem Ratgeber erfahren Sie, was eine Elementarschadenversicherung genau ist, welche Risiken abgedeckt sind, für wen sie sinnvoll ist, was sie kostet, worauf Sie beim Abschluss achten sollten – und welche Leistungen im Schadenfall zu erwarten sind.


Was ist eine Elementarschadenversicherung?

Die Elementarschadenversicherung ist ein optionaler Zusatzbaustein, der an eine bestehende Wohngebäude- oder Hausratversicherung angehängt wird. Sie schützt vor Schäden, die durch sogenannte Naturgefahren entstehen, also durch Einwirkungen der Natur, die über das übliche Maß hinausgehen.

Diese Gefahren sind in Standardpolicen nicht enthalten. Eine Wohngebäudeversicherung deckt zwar Schäden durch Sturm und Hagel, nicht jedoch solche durch Überflutung, Erdfall oder Rückstau. Genau hier setzt die Elementarschadenversicherung an.

Wichtig ist: Die Police schützt nicht das Gebäude selbst, sondern entweder den Hausrat (bei Miete oder Eigentumswohnung) oder das gesamte Gebäude (bei Eigentümern) – je nachdem, in welcher Hauptversicherung der Baustein eingeschlossen wird.

Zwei mögliche Varianten:

  • Elementarschadenversicherung in der Wohngebäudeversicherung: Schützt das Gebäude und seine festen Bestandteile (Wände, Dach, Heizung, Sanitäranlagen etc.).
  • Elementarschadenversicherung in der Hausratversicherung: Schützt alle beweglichen Gegenstände im Haushalt (Möbel, Kleidung, Technik etc.).

Wer beides absichern möchte, muss den Baustein in beiden Versicherungen separat abschließen.


Welche Naturgefahren sind abgedeckt?

Der Leistungsumfang einer Elementarschadenversicherung ist in der Regel standardisiert. Versichert sind acht typische Naturgefahren, die von den Versicherern als „weitere Naturgefahren“ zusammengefasst werden. Diese umfassen:

1. Überschwemmung

Versichert sind Schäden durch Übertreten von Gewässern, Starkregen, überflutete Straßen oder Rückstau, wenn große Wassermengen von außen in das Gebäude eindringen. Dazu zählen auch überflutete Keller, vollgelaufene Tiefgaragen oder durchnässte Fundamente.

Ein besonders dramatischer Fall: Die Starkregenfluten im Sommer 2021 haben ganze Ortschaften zerstört – viele Betroffene standen vor dem Nichts, weil sie keine Elementarversicherung abgeschlossen hatten. Die Schadenssummen gingen in die Milliarden.

2. Rückstau

Rückstau entsteht, wenn Abwasser durch überlastete Kanalisation in das Gebäude zurückgedrückt wird – etwa über Bodenabläufe, Waschbecken oder Toiletten. Ohne Rückstauklappe oder Pumpensicherung sind besonders Kellerbereiche gefährdet. Die Versicherung übernimmt hier Trocknung, Sanierung und Reinigung.

3. Erdbeben

In Deutschland zwar selten, aber nicht ausgeschlossen – besonders in südwestdeutschen Regionen wie der Kölner Bucht oder am Oberrheingraben. Schäden an der Gebäudestruktur, Risse im Mauerwerk oder abfallende Fassadenteile sind typische Folgen.

4. Erdfall

Ein Erdfall tritt ein, wenn sich der Untergrund plötzlich absenkt oder eine Höhlung einbricht. Häuser können dadurch teilweise oder vollständig einstürzen. Die Sanierung ist teuer und oft nur durch Abriss und Neubau zu lösen.

5. Erdrutsch

Durch aufgeweichten Boden – etwa nach Dauerregen – kann es zum Abrutschen von Erd- oder Gesteinsmassen kommen, die Teile eines Gebäudes beschädigen oder unterspülen. Auch Gartenmauern, Terrassen oder Garagen können betroffen sein.

6. Schneedruck

Schneemassen auf dem Dach – besonders bei Flachdächern oder Schneeverwehungen – können zu Einstürzen, Dacheinbrüchen oder strukturellen Schäden führen. Die Versicherung ersetzt die Kosten für Instandsetzung oder Neuerrichtung betroffener Gebäudeteile.

7. Lawinen

In alpinen Regionen oder Schneeschneisen kann sich eine Lawine aus Schnee, Eis und Geröll lösen und mit enormer Wucht auf ein Gebäude treffen. Hier sind nicht nur Dächer, sondern auch Fassaden und Innenräume gefährdet.

8. Vulkanausbruch

In Deutschland äußerst selten – aber theoretisch möglich, etwa in der Eifel. Ein Vulkanausbruch kann große Sachschäden durch Asche, Druckwellen oder thermische Einwirkung verursachen.


Für wen ist die Elementarschadenversicherung sinnvoll?

Viele Hausbesitzer und Mieter unterschätzen das Risiko von Naturgefahren – vor allem, wenn sie nicht direkt an einem Fluss oder Hang wohnen. Doch die Realität sieht anders aus: Schon ein einziger Starkregen kann in Minuten Schäden verursachen, die fünfstellige oder gar sechsstellige Beträge erreichen. Und das unabhängig von der geografischen Lage.

Eigentümer von Ein- und Zweifamilienhäusern

Hausbesitzer tragen das volle Risiko für ihr Gebäude. Ohne Elementarschadenversicherung bedeutet eine Überschwemmung, ein Erdrutsch oder Schneedruck, dass sämtliche Kosten selbst getragen werden müssen – inklusive Abriss, Wiederaufbau und Unterbringungskosten. Ein einziger nicht versicherter Schaden kann die Existenz gefährden.

Mieter und Eigentümer von Wohnungen

Auch wer „nur“ eine Wohnung bewohnt, kann betroffen sein – etwa durch Wassereinbruch in Kellerabteilen oder Rückstau in der Wohnung. Wird Hausrat zerstört (z. B. Möbel, Kleidung, Technik), hilft nur eine Hausratversicherung mit Elementarschutz. Ohne diese bleibt der finanzielle Verlust beim Bewohner.

Eigentümer in gefährdeten Regionen

Besonders empfehlenswert ist die Police in Gebieten mit hoher Schadenswahrscheinlichkeit – etwa in Flussnähe, in Senken, Hanglagen oder Gegenden mit hoher Regenintensität. Doch auch in Regionen ohne akute Risikofaktoren ist der Abschluss sinnvoll: Viele der gravierendsten Starkregenschäden der letzten Jahre ereigneten sich fernab klassischer Risikozonen.


Beitragshöhe und Risikozonen (ZÜRS)

Die Prämie für die Elementarschadenversicherung ist nicht pauschal, sondern wird individuell anhand verschiedener Risikomerkmale berechnet. Zentral sind:

ZÜRS-Zonen (Zonierungssystem für Überschwemmung, Rückstau und Starkregen)

Die Versicherer nutzen das sogenannte ZÜRS-GIS (Zonierungssystem für Überschwemmung, Rückstau und Starkregen), um Adressen einem Gefährdungsgrad zuzuordnen. Dabei werden vier Gefährdungsklassen unterschieden:

ZÜRS-ZoneBedeutungWahrscheinlichkeit für Hochwasser
1sehr geringweniger als 1-mal in 200 Jahren
2gering1-mal in 100 bis 200 Jahren
3mittel1-mal in 10 bis 100 Jahren
4hochmehr als 1-mal in 10 Jahren

Je höher die ZÜRS-Zone, desto schwieriger (und teurer) ist der Abschluss einer Elementarschadenversicherung. In Zone 4 kann es sogar passieren, dass Versicherer den Schutz komplett verweigern – oder nur gegen hohe Selbstbeteiligungen und Prämien zusagen.

Weitere Beitragseinflussfaktoren

Neben der Gefährdungsklasse spielen auch andere Faktoren eine Rolle:

  • Art und Lage des Gebäudes
  • Bauweise, Zustand und Nutzung
  • bestehender Schutz vor Rückstau (z. B. Rückstauklappe)
  • Höhe der Versicherungssumme
  • Wahl der Selbstbeteiligung

Ein typischer Beitrag für ein durchschnittliches Einfamilienhaus liegt – je nach Lage und Tarif – zwischen 50 und 250 Euro jährlich. In Hochrisikogebieten können es auch 400 Euro oder mehr sein.


Typische Schadenfälle aus der Praxis

Fall 1: Rückstau im Keller

Nach einem Starkregen ist die Kanalisation überlastet. Abwasser drückt sich durch einen Bodenablauf in den Keller eines Einfamilienhauses. Waschmaschine, Trockner, Werkbank und gelagerte Vorräte werden unbrauchbar.
Kosten: ca. 7.000 Euro
Leistung: Die Elementarschadenversicherung übernimmt Trocknung, Reinigung und Ersatz der beschädigten Objekte – wenn Rückstau explizit mitversichert ist und technische Sicherungen vorhanden waren.

Fall 2: Überschwemmung durch Starkregen

Innerhalb von 30 Minuten fällt in einer Kleinstadt so viel Regen wie sonst in zwei Monaten. Das Wasser läuft von der Straße ins Haus, unterspült das Fundament, durchfeuchtet das Erdgeschoss.
Kosten: über 45.000 Euro
Leistung: Der Versicherer übernimmt Abrissarbeiten, Sanierung des Mauerwerks, neue Bodenbeläge, Malerarbeiten und Unterbringungskosten für mehrere Wochen – sofern Elementarschutz abgeschlossen wurde.

Fall 3: Schneedruck auf dem Garagendach

Nach tagelangem Schneefall bricht das Flachdach der Garage ein. Auto und Werkzeuge werden beschädigt.
Kosten: ca. 12.000 Euro
Leistung: Die Versicherung übernimmt Reparatur, Entsorgung, Erneuerung des Dachs und ggf. auch den Wertverlust am beschädigten Auto (je nach Versicherer).

Voraussetzungen und Leistungspflichten im Schadenfall

Damit die Elementarschadenversicherung im Ernstfall auch tatsächlich leistet, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Diese beziehen sich auf bauliche Maßnahmen, Verhaltensregeln und Meldepflichten. Wer diese nicht einhält, riskiert eine Leistungskürzung oder den vollständigen Verlust des Versicherungsschutzes.

Technische Vorkehrungen

Insbesondere bei Rückstau verlangen viele Versicherer den Einbau geeigneter Schutzsysteme – etwa:

  • Rückstauklappen in den Abwasserleitungen
  • Rückstausicherungen bei Bodenabläufen
  • Hebeanlagen bei tief liegenden Räumen (z. B. Kellertoiletten)

Fehlen diese baulichen Maßnahmen, kann der Versicherer die Leistung ganz oder teilweise verweigern – auch wenn der Rückstau ursächlich für den Schaden war.

Vermeidung von Obliegenheitsverletzungen

Versicherungsnehmer sind verpflichtet, sogenannte Obliegenheiten einzuhalten – also vertraglich vereinbarte Verhaltenspflichten. Dazu gehören unter anderem:

  • regelmäßige Wartung der Gebäudeentwässerung
  • Sicherung der Öffnungen (z. B. Kellerfenster bei Starkregen)
  • sofortige Meldung eines eingetretenen Schadens
  • vollständige, wahrheitsgemäße Angaben bei der Schadenmeldung

Wird grob fahrlässig oder vorsätzlich gegen diese Pflichten verstoßen, darf der Versicherer die Leistung kürzen oder ablehnen.


Was ist nicht versichert? Leistungsausschlüsse und Begrenzungen

Die Elementarschadenversicherung bietet wichtigen Schutz, aber sie deckt nicht alle denkbaren Szenarien ab. Bestimmte Schäden oder Ursachen sind häufig explizit ausgeschlossen. Dazu zählen unter anderem:

  • Schäden durch Grundwasser, das ohne Überschwemmung oder Starkregen von unten eindringt
  • Feuchtigkeitsschäden durch Kondenswasser, schlecht isolierte Keller oder Baufehler
  • Schäden durch mangelhafte Instandhaltung oder Baupfusch
  • Einfache Schäden durch Regenwasser, wenn keine Überschwemmung vorliegt
  • Bewegliche Gegenstände außerhalb geschlossener Gebäude, z. B. Gartenmöbel, Fahrzeuge (sofern nicht über Hausrat oder Kfz versichert)

Zudem setzen viele Versicherer Wartezeiten (z. B. 14 oder 30 Tage) ab Vertragsbeginn, in denen noch kein Schutz bei Elementarschäden besteht. Das soll verhindern, dass Verbraucher kurz nach einer Unwetterwarnung spontan eine Police abschließen.


Häufige Fehler beim Abschluss

„Das passiert bei uns nie“ – unterschätzte Risiken

Viele Menschen glauben, dass ihr Wohnort nicht gefährdet sei – weil kein Fluss in der Nähe ist oder es dort „noch nie Hochwasser gab“. Doch statistisch gesehen treten die meisten Überschwemmungsschäden nicht in klassischen Hochwassergebieten auf, sondern durch lokale Starkregenereignisse. Diese können überall auftreten – selbst auf Anhöhen oder in Neubaugebieten.

Fehlender Rückstauschutz

Viele Hausbesitzer investieren in hochwertige Einrichtung, vernachlässigen aber den Rückstauschutz. Ohne Rückstauklappe kann ein einzelner Sommerregen den gesamten Keller unbrauchbar machen – und ohne technische Sicherung verweigert die Versicherung oft die Leistung.

Nur ein Teil abgesichert

Nicht selten wird die Elementarschadenversicherung nur für das Gebäude, aber nicht für den Hausrat abgeschlossen – oder umgekehrt. Bei umfassender Absicherung sollten beide Policen (Hausrat & Wohngebäude) um den Elementarschutz ergänzt werden.


FAQ zur Elementarschadenversicherung

Ist die Elementarschadenversicherung Pflicht?
Nein, sie ist freiwillig – aber in vielen Fällen dringend zu empfehlen. Einige Banken fordern den Schutz bei der Immobilienfinanzierung in gefährdeten Lagen.

Wie finde ich heraus, in welcher ZÜRS-Zone mein Haus liegt?
Die Einteilung kann über den Versicherer oder örtliche Behörden abgefragt werden. Auch viele Vergleichsportale bieten eine ZÜRS-Abfrage auf Adressbasis.

Was kostet die Versicherung im Schnitt?
Die Beiträge variieren stark. Für ein Einfamilienhaus in Zone 1 kann die Police 50–100 € jährlich kosten, in Zone 3 oder 4 auch 300–500 €. Die genaue Prämie hängt vom Gebäude, der Lage und der gewählten Selbstbeteiligung ab.

Was bedeutet Selbstbeteiligung bei Elementarschäden?
Im Schadenfall muss ein vereinbarter Eigenanteil – z. B. 500 oder 1.000 € – vom Versicherten selbst getragen werden. Dadurch sinkt der Beitrag. In Hochrisikogebieten sind Selbstbehalte oft verpflichtend.

Zahlt die Versicherung auch für vorbeugende Maßnahmen?
Nein, in der Regel nicht. Rückstauklappen, Pumpen oder bauliche Abdichtungen müssen vom Eigentümer auf eigene Kosten installiert werden.


Fazit: Warum sich die Elementarschadenversicherung wirklich lohnt

Starkregen, Rückstau, Überschwemmung oder Schneedruck sind keine seltenen Ausnahmen mehr – sie gehören zur Realität des Klimawandels. Wer glaubt, davon nicht betroffen zu sein, unterschätzt die neuen Risiken. Eine Elementarschadenversicherung schützt nicht nur das Gebäude oder den Hausrat, sondern auch die wirtschaftliche Existenz der Betroffenen.

Der Schutz ist kein Luxus, sondern in vielen Fällen überlebenswichtig. Zwar verursacht der Zusatzbaustein einen Mehrbeitrag – doch dieser steht in keinem Verhältnis zu den möglichen Kosten eines unbezahlten Schadens. Ein einziger Rückstau oder Starkregen kann ausreichen, um finanzielle Rücklagen zu vernichten und das Zuhause unbewohnbar zu machen.

Wer Eigentum besitzt – ob Haus oder Wohnung – sollte nicht zögern: Die Ergänzung um eine Elementarschadenversicherung ist eine der sinnvollsten Maßnahmen der modernen Risikoabsicherung.