Die Private Krankenversicherung (PKV) stellt in Deutschland eine Alternative zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) dar – jedoch nur für bestimmte Personengruppen. Wer sich privat versichern möchte, muss gewisse Voraussetzungen erfüllen, trägt aber gleichzeitig mehr Verantwortung für Auswahl, Kosten und langfristige Absicherung.
Während die GKV nach dem Solidarprinzip funktioniert, basiert die PKV auf dem Äquivalenzprinzip: Die Beiträge richten sich nach Alter, Gesundheitszustand und gewähltem Leistungsumfang – nicht nach dem Einkommen. Dadurch kann die PKV individuelle Vorteile bieten, aber auch finanzielle Risiken bergen.
In diesem umfassenden Ratgeber erfährst du:
- Wer sich privat versichern darf
- Welche Leistungen die PKV bietet
- Wie sich Beiträge berechnen
- Welche Fallstricke und Irrtümer es gibt
- Und ob sich die PKV für dich wirklich lohnt
Was ist die Private Krankenversicherung?
Die Private Krankenversicherung ist ein privatrechtliches Versicherungsmodell, das auf Einzelverträgen mit individuellen Leistungen und Beiträgen basiert. Sie wird von privaten Versicherungsunternehmen angeboten und unterliegt der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin).
Im Gegensatz zur GKV versichert die PKV nicht das Solidarprinzip, sondern das Versicherungsprinzip:
- Jede versicherte Person hat einen eigenständigen Vertrag, es gibt keine beitragsfreie Familienversicherung.
- Die Leistungen können individuell gewählt und erweitert werden.
- Der Beitrag richtet sich nicht nach dem Einkommen, sondern nach Gesundheitszustand, Alter, Tarifwahl und Selbstbeteiligung.
Wer darf sich privat krankenversichern?
Nicht jeder hat Zugang zur PKV. Der Gesetzgeber schränkt die Aufnahme auf bestimmte Gruppen ein. Diese Personen dürfen sich privat versichern:
1. Arbeitnehmer mit hohem Einkommen
Angestellte können sich privat versichern, wenn ihr Bruttojahreseinkommen über der Versicherungspflichtgrenze liegt. Diese Grenze beträgt (Stand 2025):
- 69.300 € brutto jährlich (entspricht 5.775 € monatlich)
Wer diese Grenze im laufenden und kommenden Jahr überschreitet, darf sich freiwillig privat versichern. Voraussetzung: Der Antrag muss rechtzeitig gestellt werden.
2. Selbstständige und Freiberufler
Selbstständige und Freiberufler können unabhängig vom Einkommen zwischen PKV und GKV wählen. Sie tragen den Beitrag vollständig selbst – profitieren aber oft von günstigeren Einstiegstarifen.
3. Beamte
Beamte erhalten von ihrem Dienstherrn eine Beihilfe (z. B. 50–80 %) zu ihren Krankheitskosten und können den Rest über die PKV absichern. Die PKV-Tarife für Beamte (Beihilfetarife) sind besonders günstig, da nur ein Teil der Kosten abgedeckt werden muss.
4. Studenten (unter bestimmten Voraussetzungen)
Studenten können sich zu Studienbeginn von der Versicherungspflicht befreien lassen und in die PKV wechseln – z. B. über spezielle Studententarife. Achtung: Ein späterer Wechsel zurück zur GKV ist meist ausgeschlossen.
Abgrenzung zur Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)
Merkmal | PKV | GKV |
---|---|---|
Aufnahme | nur bei Erfüllung bestimmter Kriterien | Pflichtversicherung für breite Bevölkerung |
Beitrag | alters-, gesundheits- & leistungsabhängig | einkommensabhängig, solidarisch finanziert |
Familienversicherung | nicht enthalten (jede Person zahlt einzeln) | beitragsfrei für Ehepartner & Kinder |
Leistungsspektrum | individuell wählbar, oft über GKV-Niveau | einheitlich gesetzlich geregelt |
Kostenerstattung | Kostenerstattungsprinzip (Rechnung einreichen) | Sachleistungsprinzip (direkte Abrechnung) |
Beitrag im Alter | steigt mit Aufwand – Abfederung durch Rückstellungen | anteilig durch Umlageverfahren stabilisiert |
Die Entscheidung zwischen GKV und PKV sollte wohlüberlegt sein – und hängt stark von der persönlichen Lebenssituation, Einkommensentwicklung und Risikobereitschaft ab.
Welche Leistungen bietet die Private Krankenversicherung?
Die Private Krankenversicherung zeichnet sich durch hohe Flexibilität und erweiterbare Leistungsbausteine aus. Versicherte wählen ihren Leistungsumfang beim Abschluss selbst – oft deutlich über dem GKV-Standard. Wer bereit ist, mehr zu zahlen, erhält im Gegenzug auch deutlich mehr Leistungen.
1. Ambulante Leistungen
- Freie Arztwahl, auch von Privatärzten und Spezialisten
- Unbegrenzter Zugang zu Fachärzten – ohne Überweisung
- Individuelle Terminvergabe (schneller als bei GKV)
- Erstattung von höheren GOÄ-Sätzen (Gebührenordnung für Ärzte)
- Alternative Heilmethoden (z. B. Osteopathie, Homöopathie – je nach Tarif)
- Zuschüsse zu Sehhilfen (Brillen, Kontaktlinsen, Laser-OPs)
2. Stationäre Leistungen
- Behandlung durch den Chefarzt oder Wahlarzt
- Unterbringung im Ein- oder Zweibettzimmer
- Zugang zu Privatkliniken oder Spezialkliniken
- Erweiterte OP- und Reha-Möglichkeiten
- Individuelle Krankenhauswahl
Diese Komfortmerkmale machen die PKV besonders für anspruchsvolle Patienten attraktiv, die Wert auf medizinische Qualität, Privatsphäre und Fachspezialisierung legen.
3. Zahnärztliche Leistungen
- Hochwertiger Zahnersatz (z. B. Inlays, Implantate, Brücken, Vollkeramik)
- Professionelle Zahnreinigungen mehrfach im Jahr
- Erstattung für Kieferorthopädie – auch für Erwachsene
- Vorsorgeleistungen und moderne Behandlungsmethoden (z. B. digitale Abdrucktechnik)
Je nach Tarif werden 80 % bis 100 % der Kosten übernommen – oft ohne die Beschränkungen, wie sie in der GKV üblich sind.
4. Medikamente & Heilmittel
- Erstattung rezeptfreier Arzneimittel, sofern ärztlich verordnet
- Zugang zu innovativen Therapien & Präparaten (z. B. Biologika)
- Kostenübernahme alternativer Arzneien (je nach Tarif)
- Versorgung mit Hilfsmitteln (z. B. Hörgeräte, orthopädische Schuheinlagen)
5. Zusatzleistungen (optional oder tarifabhängig)
- Auslandsschutz – weltweit, auch bei längeren Reisen
- Vorsorgeuntersuchungen über GKV-Niveau hinaus
- Psychotherapie, auch bei nicht akuten Störungen
- Heilpraktikerleistungen, Naturheilverfahren
- Kostenübernahme für Impfungen (Reise- & Spezialimpfungen)
- Krankentagegeld, Pflegeergänzung, Kurbeihilfe
Wie unterscheiden sich die Tarife in der PKV?
Die Private Krankenversicherung bietet keine standardisierten Leistungen. Stattdessen wählt man aus verschiedenen Tarifstufen oder stellt sich sein individuelles Paket zusammen. Gängig sind:
1. Basistarif
- gesetzlich vorgeschriebener Mindesttarif, der den Leistungen der GKV entspricht
- Aufnahmepflicht für PKV-Unternehmen bei bestimmten Personengruppen
- Beitrag gedeckelt auf GKV-Höchstbetrag
- Leistungseinschränkungen & oft keine Wahlfreiheit
Zielgruppe: Menschen mit niedrigem Einkommen, die keinen Zugang zur GKV haben
2. Standardtarif
- existiert für langjährig Versicherte mit geringem Einkommen
- ähnlich dem Basistarif, jedoch mit geringerem Leistungsumfang
- günstiger als Volltarife, aber eingeschränkte Versorgung
3. Komfort- und Premiumtarife
- umfassender Leistungsumfang auf höchstem medizinischen Niveau
- Chefarzt, Einzelzimmer, Implantate, alternative Therapien, hohe Zahnersatzleistungen
- freie Arztwahl, keine Budgetgrenzen
- beitragsstabilisierende Komponenten (z. B. Altersrückstellungen, Selbstbehalt)
Zielgruppe: Gutverdiener, Beamte, Selbstständige mit hohem Leistungsanspruch
Wie funktioniert die Kostenerstattung?
Ein zentrales Merkmal der PKV ist das sogenannte Kostenerstattungsprinzip:
- Der Versicherte erhält eine Rechnung vom Arzt, Krankenhaus oder Therapeuten
- Er zahlt diese zunächst selbst
- Die Rechnung wird bei der Versicherung eingereicht
- Die Versicherung erstattet die Kosten – je nach Tarif vollständig oder anteilig
Dieser Ablauf erfordert mehr Eigenverantwortung, bietet aber auch Transparenz über Behandlungen und Kosten. Zudem können Versicherte Rechnungen kontrollieren und bei Unklarheiten nachfragen.
Wie wird der Beitrag in der Privaten Krankenversicherung berechnet?
Die Beitragshöhe in der PKV ist nicht einkommensabhängig, sondern richtet sich nach mehreren individuellen Faktoren:
- Alter beim Eintritt
- Gesundheitszustand
- gewählter Leistungsumfang
- vereinbarter Selbstbehalt
- Risikozuschläge oder Leistungsausschlüsse
Dadurch kann die monatliche Prämie sehr stark variieren – von rund 200 € bei jungen, gesunden Personen bis zu 700 € oder mehr bei älteren, umfassend versicherten Personen.
Die wichtigsten Faktoren im Detail
1. Eintrittsalter
Je jünger man in die PKV eintritt, desto günstiger ist der Tarif. Das liegt daran, dass das Krankheitsrisiko in jungen Jahren geringer ist – und Versicherer die Kosten langfristig kalkulieren.
Tipp: Frühzeitiger Eintritt (z. B. direkt nach Studienabschluss oder bei Berufsstart) sichert dauerhaft günstige Beiträge.
2. Gesundheitsprüfung
Vor Vertragsabschluss verlangt die PKV eine ausführliche Gesundheitserklärung. Dazu gehören:
- chronische Erkrankungen
- frühere Operationen
- laufende Behandlungen oder Medikamente
- BMI, Blutdruck, Rauchverhalten
Der Versicherer kann daraufhin:
- Risikozuschläge verlangen
- bestimmte Leistungen ausschließen
- den Antrag ablehnen
Tipp: Gesundheitsfragen müssen wahrheitsgemäß beantwortet werden – falsche Angaben können später zum Verlust des Versicherungsschutzes führen.
3. Selbstbehalt
Ein Selbstbehalt ist der Anteil der jährlichen Gesundheitskosten, den du selbst trägst – bevor die Versicherung zahlt. Üblich sind:
- 300 €, 600 €, 1.200 € oder 2.400 € jährlich
- Je höher der Selbstbehalt, desto niedriger der Monatsbeitrag
Vorteil: Beitragsersparnis
Nachteil: Mehrkosten im Leistungsfall
4. Altersrückstellungen
Die PKV bildet sogenannte Altersrückstellungen: Ein Teil des Beitrags wird angespart, um im Alter steigende Gesundheitskosten zu kompensieren. Dadurch soll der Beitrag im Alter stabil bleiben – anders als oft behauptet wird.
Allerdings:
- Wechselst du zu einem neuen Anbieter, verlierst du die Rückstellungen (Ausnahme: Übertrag im Standardtarif)
- Der Effekt ist nur spürbar, wenn du frühzeitig und durchgängig privat versichert bist
Beitrag im Alter: Was ist zu erwarten?
Ein oft genannter Kritikpunkt an der PKV ist die Angst vor steigenden Beiträgen im Alter. Tatsächlich gibt es hier Unterschiede zwischen Theorie und Praxis:
Gründe für Beitragserhöhungen:
- Medizinischer Fortschritt (teurere Behandlungen)
- Steigende Lebenserwartung
- Zinsentwicklung bei Rückstellungen (niedrige Kapitalmarktzinsen)
- Tarifüberalterung (wenig junge Versicherte)
Möglichkeiten zur Entlastung:
- Beitragsentlastungstarife (zusätzlicher Beitrag, später reduzierte Renteprämie)
- Selbstbeteiligung anpassen
- Tarifwechsel innerhalb des Unternehmens (nach §204 VVG)
- Wechsel in Standard- oder Basistarif im Alter
Fazit: Ein sorgfältig gewählter PKV-Tarif mit guter Altersvorsorge kann langfristig stabil sein – aber erfordert Planung und finanzielle Weitsicht.
Für wen lohnt sich die Private Krankenversicherung – und für wen nicht?
✅ Für diese Gruppen kann sich die PKV lohnen:
1. Gutverdienende Angestellte
Wer dauerhaft über der Versicherungspflichtgrenze verdient, profitiert von leistungsstarken PKV-Tarifen – oft bei geringerer Gesamtbelastung als in der GKV.
2. Selbstständige & Freiberufler
Da diese Gruppe in der GKV den vollen Beitrag allein trägt, ist die PKV mit günstigen Einstiegstarifen oft attraktiver – insbesondere bei gesundem Lebensstil.
3. Beamte
Beamte erhalten Beihilfe und müssen nur einen Teil ihrer Kosten privat absichern – die PKV ist in vielen Fällen die einzige wirtschaftlich sinnvolle Lösung.
4. Junge & gesunde Menschen
Der Einstieg in jungen Jahren sichert günstige Tarife, gute Leistungen und eine langfristige Beitragsstabilität durch Altersrückstellungen.
❌ Für diese Gruppen ist Vorsicht geboten:
1. Familien mit mehreren nicht berufstätigen Angehörigen
Da es in der PKV keine kostenfreie Familienversicherung gibt, muss für jedes Familienmitglied ein eigener Beitrag gezahlt werden.
2. Personen mit häufigen Arztbesuchen oder Vorerkrankungen
Risikozuschläge oder Leistungsausschlüsse machen die PKV schnell teuer – auch langfristig.
3. Menschen mit unsicherer Einkommensperspektive
Wer nicht sicher sagen kann, ob das Einkommen dauerhaft über der Versicherungspflichtgrenze bleibt, sollte den Schritt in die PKV gut abwägen.
4. Ältere Berufseinsteiger
Wer sich spät für die PKV entscheidet, zahlt höhere Beiträge und profitiert weniger von Altersrückstellungen.
Wechsel zwischen GKV und PKV – was ist zu beachten?
Wechsel von GKV zur PKV:
- Möglich für Angestellte, die über der Versicherungspflichtgrenze verdienen
- Antrag muss rechtzeitig gestellt werden
- Es gibt keine Rückkehrpflicht – der Wechsel ist eine dauerhafte Entscheidung
Rückkehr von PKV zur GKV:
- Schwierig und an bestimmte Bedingungen geknüpft:
– z. B. unter 55 Jahre alt und versicherungspflichtige Tätigkeit aufnehmen - Für Selbstständige oder über 55-Jährige kaum möglich
- Im Alter meist nur Wechsel in den Basistarif der PKV (mit GKV-nahen Leistungen)
Häufige Irrtümer & Fehler bei der PKV
❌ „Die PKV ist immer günstiger als die GKV.“
Nur bei jungen, gesunden Personen mit hohem Einkommen. Später können Beiträge stark steigen – besonders bei falscher Tarifwahl oder fehlenden Rückstellungen.
❌ „Man kann jederzeit zurück in die gesetzliche Krankenversicherung.“
Ein Rückwechsel ist meist nur unter engen gesetzlichen Bedingungen möglich – nicht auf Wunsch.
❌ „Alle Leistungen sind automatisch besser als in der GKV.“
Nicht alle PKV-Tarife bieten Spitzenleistungen. Manche sind sogar schlechter als GKV-Standards. Vergleich & Beratung sind entscheidend.
❌ „Die PKV zahlt immer 100 %.“
Nur, wenn der gewählte Tarif das vorsieht. Viele Tarife haben Leistungsbegrenzungen (z. B. bei Zahn oder Sehhilfen).
FAQ – Häufige Fragen zur Privaten Krankenversicherung
Wie lange gilt die Gesundheitsprüfung?
Die Prüfung erfolgt einmal bei Vertragsbeginn. Änderungen im Gesundheitszustand nach Vertragsabschluss haben keinen Einfluss auf den Beitrag.
Was passiert bei Arbeitslosigkeit?
Kurzfristig bleibt man PKV-versichert. Bei längerem Bezug von ALG I ist ggf. eine Rückkehr in die GKV möglich – bei ALG II wird GKV-Pflicht.
Kann ich innerhalb der PKV den Tarif wechseln?
Ja – nach §204 VVG besteht ein Recht auf internen Tarifwechsel, ohne erneute Gesundheitsprüfung.
Was ist der Basistarif?
Ein gesetzlich definierter Mindesttarif in der PKV – entspricht der GKV-Leistung, richtet sich an Wechsler mit geringem Einkommen oder Beitragsproblemen.
Wer hilft bei der Tarifwahl?
Unabhängige Versicherungsberater, spezialisierte Makler oder Online-Tarifvergleiche. Vorsicht bei provisionsgesteuerter Beratung.
Fazit: Die PKV – Entscheidung mit Weitblick
Die Private Krankenversicherung bietet viele Vorteile: individuelle Leistungen, bessere Versorgung, kurze Wartezeiten, freie Arztwahl. Für bestimmte Personengruppen ist sie die beste Wahl – insbesondere für Beamte, Selbstständige und gutverdienende Angestellte.
Aber: Die PKV erfordert Weitblick, Ehrlichkeit bei der Gesundheitsprüfung und eine klare Vorstellung von der eigenen Lebensplanung. Nur wer langfristig gut informiert entscheidet, wird dauerhaft zufrieden sein – und sich nicht von Beitragssprüngen oder Leistungslücken überraschen lassen.
Deshalb gilt:
- PKV ist kein „Schnäppchen“, sondern ein maßgeschneidertes Gesundheitssystem
- Gute Beratung, gründlicher Vergleich und vorausschauende Finanzplanung sind unerlässlich
- Der Einstieg sollte nicht spontan, sondern strategisch erfolgen