Nicht jeder Schaden tritt plötzlich auf. Manche entwickeln sich schleichend, fast unbemerkt – bis der Schaden groß ist. Solche Schäden werden in der Versicherungswelt als Allmählichkeitsschäden bezeichnet. Sie sind tückisch, schwer zu erkennen und ebenso schwer zu regulieren.
Aber was genau zählt als Allmählichkeitsschaden? Welche Versicherung deckt solche Schäden? Und worauf müssen Versicherungsnehmer achten?
In diesem Artikel erfährst du alles über den Allmählichkeitsschaden, seine rechtliche Einordnung, praktische Beispiele sowie seine Bedeutung in der Haftpflicht- und Sachversicherung.
Was ist ein Allmählichkeitsschaden?
Ein Allmählichkeitsschaden ist ein Sach- oder Personenschaden, der durch langsame, kontinuierliche Einwirkung von physikalischen, chemischen oder biologischen Prozessen entsteht – also nicht durch ein plötzliches Ereignis.
📌 Kernmerkmale:
✅ Die schädigende Ursache wirkt über einen längeren Zeitraum.
✅ Die Schadensentwicklung ist nicht abrupt, sondern schleichend.
✅ Die Auswirkungen werden oft erst spät bemerkt.
🔹 Typische Einwirkungen:
- Feuchtigkeit
- Gase
- Dämpfe
- Rauch
- Temperatur
- Staub
- Chemikalien
💡 Tipp: Der Schaden muss unbeabsichtigt und ungewollt sein – sonst greift der Versicherungsschutz nicht.
Beispiele für Allmählichkeitsschäden
📌 1. Wasserrohrleck
→ Ein kleines Leck in einem Kupferrohr lässt über Wochen Feuchtigkeit in die Wand eindringen. Der Putz löst sich, Schimmel bildet sich.
📌 2. Ölverlust bei Fahrzeugen
→ Ein parkendes Auto verliert über Monate Öl, das den Asphalt oder Pflastersteine beschädigt.
📌 3. Korrosion an Heizungsanlagen
→ Durch dauerhafte Kondenswasserbildung entsteht schleichend Rost – das System versagt nach Jahren.
📌 4. Gasaustritt
→ Ein undichter Schlauch führt über längere Zeit zur Kontaminierung von Luft oder Umgebung.
💡 Tipp: Allmählichkeitsschäden sind häufig nicht auf den ersten Blick sichtbar, können aber erhebliche Kosten verursachen.
Rechtliche Einordnung des Allmählichkeitsschadens
Der Begriff ist nicht gesetzlich definiert, hat sich jedoch über Gerichtsentscheidungen und Versicherungsbedingungen etabliert.
📘 Allgemeine Haftpflichtbedingungen (AHB):
Enthalten häufig einen sogenannten „Allmählichkeitsschaden-Ausschluss“, sofern keine besondere Klausel eingeschlossen wurde.
📘 Versicherungsvertragsgesetz (VVG):
Greift nur bei Streitigkeiten zur Pflichtverletzung, nicht zur Begriffsklärung.
💡 Tipp: Der Ausschluss greift nur, wenn die Einwirkung langsam, kontinuierlich und ursächlich für den Schaden war – jede Police muss individuell geprüft werden.
Welche Versicherungen decken Allmählichkeitsschäden?
✅ 1. Private Haftpflichtversicherung
✔ In Basistarifen meist ausgeschlossen.
✔ Viele Tarife bieten optional einen Einschluss von Allmählichkeitsschäden.
✅ 2. Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht
✔ Deckt Schäden an Dritten, etwa durch undichte Abwasserleitungen oder schleichende Feuchtigkeit.
✅ 3. Betriebshaftpflichtversicherung
✔ In modernen Tarifen häufig mitversichert, da Allmählichkeitsschäden in der betrieblichen Praxis häufig auftreten.
✅ 4. Gebäude- oder Wohngebäudeversicherung
✔ Kommt auf die Ursache an: Rohrbruch ja, Kondensfeuchtigkeit meist nein.
💡 Tipp: Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte eine Police mit explizitem Einschluss von Allmählichkeitsschäden wählen.
Voraussetzungen für die Anerkennung als Allmählichkeitsschaden
✔ Zeitliche Dauer der Einwirkung (nicht spontan oder punktuell)
✔ Einwirkung eines bestimmten Stoffes oder Einflussfaktors
✔ Langsam fortschreitende Verschlechterung
✔ Kein bewusster Eingriff oder Vorsatz
✔ Unvorhersehbarkeit des Endschadens
💡 Tipp: Eine regelmäßige Wartung kann helfen, Allmählichkeitsschäden zu vermeiden – Versicherer verlangen oft den Nachweis.
Streitpunkt in der Schadensregulierung
Allmählichkeitsschäden führen häufig zu Rechtsstreitigkeiten, weil:
❌ die Ursache nicht eindeutig feststellbar ist,
❌ Versicherer Ausschlüsse geltend machen,
❌ die Schadenshöhe schwer nachweisbar ist,
❌ die Schadenentwicklung schwer zeitlich einzugrenzen ist.
📌 Gerichte prüfen im Zweifel:
- Liegt ein versicherter Schadensfall vor?
- War die Einwirkung schleichend oder plötzlich?
- Greift ein Ausschluss in den Bedingungen?
💡 Tipp: Dokumentiere alle Schäden und Entwicklungen fotografisch und schriftlich – und ziehe im Ernstfall einen Gutachter hinzu.
Wie lassen sich Allmählichkeitsschäden vermeiden?
✅ 1. Regelmäßige Wartung von Anlagen und Leitungen
✅ 2. Schnelle Reaktion auf kleine Undichtigkeiten oder Feuchtigkeit
✅ 3. Gute Lüftung und Kontrolle von Kellerräumen und Hohlwänden
✅ 4. Verwendung hochwertiger Materialien (z. B. bei Rohrleitungen)
✅ 5. Versicherungsberatung mit Tarifvergleich – speziell auf Einschluss prüfen
💡 Tipp: Prävention spart nicht nur Geld, sondern stärkt auch die eigene Verhandlungsposition im Schadensfall.
Häufig gestellte Fragen (FAQs)
Was ist ein Allmählichkeitsschaden?
→ Ein Schaden, der sich langsam und durch kontinuierliche Einwirkung entwickelt, z. B. durch Feuchtigkeit oder Gase.
Ist ein Allmählichkeitsschaden in der Haftpflicht versichert?
→ In vielen Tarifen ausgeschlossen, aber häufig einschließbar gegen Mehrbeitrag.
Welche Beispiele gelten als Allmählichkeitsschäden?
→ Schleichender Wasserschaden, Ölverlust, dauerhafte Feuchtigkeit, langsam entstehende Korrosion.
Wie kann ich mich gegen Allmählichkeitsschäden absichern?
→ Durch passende Versicherungstarife, regelmäßige Wartung und schnelle Reaktion auf Anzeichen.
Warum werden Allmählichkeitsschäden oft abgelehnt?
→ Weil Versicherer argumentieren, der Schaden sei nicht versichert oder vorhersehbar gewesen – Vertragstext ist entscheidend.
Fazit
Der Allmählichkeitsschaden ist ein ernstzunehmendes Risiko – insbesondere, weil er oft unbemerkt entsteht und hohe Kosten verursachen kann. Durch gezielte Versicherungswahl, regelmäßige Wartung und transparente Dokumentation lassen sich Schäden verhindern oder zumindest fair regulieren.
💡 Tipp: Wer auf moderne, umfassende Versicherungstarife mit Allmählichkeitsschutz setzt, ist im Ernstfall auf der sicheren Seite – und spart Nerven, Zeit und Geld.